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Beitrag vom 24.02.2023
Ich habe mich in jemand anderen verliebt. Dieser eine Satz, den wohl niemand von seinem
Partner hören möchte. Umso grösser der Schock, wenn die Frau wegen einer anderen Frau oder der Mann wegen eines anderen Mannes das aktuelle wir in den Grundfesten erschüttert.
Tatsächlich ahnen nur in wenigen Fällen die Partner von der
Homosexualität. Dafür wird es gut verschleiert. Die Heterofassade aufrechterhalten. Vielleicht sogar ein Doppelleben geführt und sich damit arrangiert. Viele gelten in ihrem Umfeld als Vorzeigepaar.
So fällt häufig der Lebenspartner bei einem Coming-out in der
Beziehung aus allen Wolken. Der Traum vom ewigen
Glück wie eine Seifenblase geplatzt. Die Welt bricht zusammen.
Wie wird das
Outing in der Partnerschaft empfunden?
Und wie findet man seinen Weg?
Bin ich im falschen Film?
Wenn der einst heterosexuelle
Partner offenbart, dass er sich vom eigenen Geschlecht mehr angezogen fühlt, geht das Outing am anderen nicht spurlos vorbei.
Das Herz ist gebrochen.
Das Vertrauen zerstört.
Die gemeinsamen Lebensentwürfe nichts mehr Wert.
Das Selbstwertgefühl bröckelt.
Der Schock sitzt tief.
Ein Gefühlschaos aus Enttäuschung, Wut, Verletzung, Angst, Verzweiflung und Trauer bricht über einen herein.
Quälende Fragen hämmern im Kopf.
War das bisherige Leben eine einzige Lüge?
Die gelebte Beziehung nur ein billiges Alibi?
War die
Liebe überhaupt echt?
Warum hab ich nichts bemerkt?
Bin ich sexuell unzureichend?
Ist es vielleicht meine Schuld?
In den meisten Fällen hat der heterosexuelle Partner noch nichts mit dem Thema
Homosexualität zu tun gehabt. Man fühlt sich ohnmächtig.
Fakt ist:
Im Gegensatz zu einem
Seitensprung oder einer Affäre mit dem anderen Geschlecht ist ein Kampf um den Partner und die Beziehung nach einem Outing aussichtslos. Die sexuelle Orientierung lässt sich nicht ändern, wenn derjenige sich wohlfühlt und durch das Ausleben der Homosexualität erfüllt ist. Selbst, wenn der Partner eine bisexuelle Neigung hat, wäre das Miteinander nicht mehr dasselbe. So oder so liesse sich dieser Kampf nicht für sich gewinnen.
Auch die Hoffnung, dass der Partner sich ändern würde, wenn man ihm Zeit gibt und weiter mit ihm zusammenbleibt, trifft nur selten auf fruchtbaren Boden. Tatsächlich kann Homosexualität auch nur eine Phase sein. Doch werden die wenigsten dann ein
Coming-out in der Beziehung in Erwägung ziehen. Sondern Fantasien und Wünsche in der Zeit heimlich ausleben.
Offene Beziehung als Alternative? Für einige Paare durchaus eine Lösung nach dem Outing. Doch nicht immer von langer Dauer. Viele stellen irgendwann dann doch fest, dass sie ihren Partner nicht mit anderen teilen können beziehungsweise wollen. Und selbst, wenn der Partner bisexuell ist und sich grundsätzlich in einer monogamen Beziehung wohlfühlt, wird er seine Homosexualität mit jemand anderen ausleben wollen. Auch in diesem Fall muss man teilen können.
Tatsächlich trennen sich einige Paare unmittelbar nach dem Outing. Andere halten die aktuelle Beziehung noch aufrecht und nehmen sich Zeit, für geordnete Verhältnisse zu sorgen und sich einvernehmlich zu trennen. Wieder andere versuchen, die
Vergangenheit aufzuarbeiten und ein neues Lebenskonzept zu finden.
Doch nicht immer ist es so einfach
Das
Coming-out in der Beziehung ist einschneidend und eine unerwartete Herausforderung. Eine starke emotionale Belastung. Vieles stürzen nach dem
Outing in der Partnerschaft in eine Lebenskrise. Manchmal über Jahre.
Die eigene Welt und die eigenen Werte geraten ins Wanken.
Vergangenheit,
Gegenwart und
Zukunft werden hinterfragt.
Das Leben scheint einem zu entgleiten.
Nicht nur die eigene Sexualität, sondern die eigene Identität wird infrage gestellt.
Selbstzweifel lassen einen nicht los.
Nicht immer sind Freunde und Verwandte in solch einer Situation auch eine Hilfe. Denn das Umfeld kann sich, im Gegensatz zu einer Affäre mit dem anderen Geschlecht, auch ratlos oder überfordert mit der
Homosexualität fühlen.
Manchmal besteht im Umfeld auch die Tendenz, in der vergangenen Beziehung nach den Ursachen zu suchen. Alles andere als hilfreich.
Häufig gesellen sich zum Verlust der einstigen Liebe und dem Gefühl, um die Zukunft betrogen worden zu sein, auch noch Gewissensbisse und Selbstvorwürfe hinzu.
Hilfe in Anspruch nehmen
Man sollte sich nicht scheuen, Unterstützung im aussen zu suchen. Selbsthilfegruppen oder Stammtische, virtuell oder real, können eine erste Anlaufstelle sein. Der Austausch ermöglicht, Gedanken und
Gefühle mit Menschen zu teilen, die ebenso ein
Coming-out in der Beziehung erlebt haben. Für die
Homosexualität ebenfalls Neuland ist. Das verständnisvolle Miteinander gibt Halt und Stärke.
Denn es müssen viele Schritte gegangen werden.
Raus aus der Opferrolle.
So gut wie es geht mit den Tatsachen versöhnen.
Das Beste aus der neuen Situation machen.
Das Alte loslassen.
Sich auf die Gegenwart konzentrieren.
Das Selbstvertrauen zurückgewinnen.
Start in ein neues Leben.
Zum Verarbeiten hilft, die gemeinsamen Jahre Revue vor dem Outing passieren zu lassen. Nicht alles war schlecht.
Auch sollte man irgendwann in die Rolle des Ex-Partners schlüpfen und seine Perspektive einnehmen. Ein Austausch über die Prozesse kann beiden Partnern helfen.
Manchmal kann es auch sinnvoll sein, professionelle Begleitung in Anspruch zu nehmen.
Es braucht Zeit, das
Outing in der Partnerschaft zu verarbeiten. Und dann das Geschenk der Freiheit dankbar anzunehmen.
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